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Brian Solis ist nicht nur der Direktor der Marktforschungs- und Beratungsfirma Altimeter Group, sondern mit „Engage“ auch ein viel beachteter Buchautor zum Thema Social Media. Mit seinem neuen Buch „The Future of Business“ macht sich Solis auch über die Zukunft ganzer Geschäftsmodelle Gedanken, die sich derzeit durch Internettechnologien und vor allem durch Social Media drastisch verändern. Wir konnten Brian Solis auf der TNW Web Conference in Amsterdam treffen, wo er genau über dieses Thema referierte.
Adzine: Herr Solis, wir hatten ja bereits vor drei Jahren zusammen über Social Media gesprochen. Damals sagten Sie, die Unternehmen würden sich nicht hinreichend die Frage stellen, warum sie Social Media einsetzen sollten. Sie rügten zudem, dass viele Firmen sich bei Social Media hauptsächlich auf Marketingaktivitäten beschränkten. Ist dies immer noch so oder hat sich doch viel verändert?
Brian Solis: Seit unserem letzten Gespräch in 2011 hat sich nicht viel verändert. Die Unternehmen haben zwar verstanden, dass Social Media wichtig ist, allerdings habe ich den Eindruck, dass sie es nach wie vor noch nicht ernst genug nehmen. Und ich bin mir nicht sicher, ob sie es überhaupt können.
Adzine: Was ist Ihnen besonders aufgefallen?
Brian SolisBrian Solis: Was mir den letzten Jahren aufgefallen ist, ist der Unterschied zwischen Social Media und Social Business. Social Business ist nicht auf die Nutzung von Social Media begrenzt. Vielmehr ist es die Erkenntnis und die Philosophie, dass Social Media ein Unternehmen menschlicher macht. Der einzige Weg für Unternehmen Social Media effizienter zu nutzen, ist ihnen dabei zu helfen, ein Social Business aufzubauen. Das erreiche ich aber nicht, indem ich ihnen erkläre, wie sie Facebook und Twitter nutzen sollen, sondern indem ich ihnen aufzeige, welchen Unterschied es macht, dass die Kunden nun mit dem Unternehmen vernetzt sind. Welche Erwartungen stellt ein vernetzter Kunde, der „Connected Customer“, an das Unternehmen? Wie nutzt er das Internet, das Smartphone und Social Media. Bei den Veränderungen der Unternehmen hin zu einem Social Business ist Social Media ein Teil dieser neuen Philosophie.
Adzine: … also eine Art digitale Transformation der Unternehmen durch Social Media?
Brian Solis: „Digitale Transformation“ bedeutet, dass Veränderungen nicht durch Social Media entsteht sondern durch das Gesamtverhalten im Umgang mit neuen Medien wie Smartphones oder Wearables, die unsere Erwartungshaltung, unseren Entscheidungsprozess und unsere Präferenzen beeinflussen. „Digitale Transformation“ ist nicht neu und noch ist es zu früh für Unternehmen, um es für sich zu entdecken. Genau betrachtet, können wir hier vom „Change Management“ sprechen, Business-Modelle, Visionen, Leitbilder, Nutzenversprechen eines Produktes usw. – hierfür kann Technologie der Enabler sein, Dinge zu verbessern.
Adzine: Haben Sie in den letzten drei Jahren denn überhaupt keine konkreten Verbesserungen entdeckt, wie Unternehmen Social Media sinnvoll einsetzen?
Brian Solis: Nun, ich würde nicht sagen, dass sich in den letzten drei Jahren nichts verändert oder verbessert hat. Einige Unternehmen nutzen Social Media aus Marketingsicht sehr gut und sie sind sehr kreativ. Bei der Kundenbindung, wo es für Unternehmen wichtig ist, ihren Kunden zuzuhören, sie zu verstehen und daraus zu lernen, um Veränderungen anzustoßen und umzusetzen, hat es sich weniger gut entwickelt .
Adzine: Wo wird zukünftig der Trend von Social Media und den sozialen Netzwerken hingehen? Mehr und mehr jüngere User wenden sich von Facebook ab und gehen z. B. zu Snapchat oder Tumblr. In Asien haben sie ihre eigenen erfolgreichen Social-Media-Plattformen. Werden wir künftig nur noch eine große oder mehrere Plattformen haben?
Brian Solis: Das weiß ich nicht. Aber das ist auch das Schöne an Social Media, da es sich ständig weiterentwickelt. Facebook ist eine ziemliche Ausnahmeerscheinung und eine an sich fantastische Geschichte, da es so groß ist und bereits so lange Bestand hat.
Adzine: Was macht Facebook Ihrer Meinung nach so außergewöhnlich?
Brian Solis: Marc Zuckerberg hat versucht, Facebook relevant für die User zu machen. Er hat dabei verstanden, dass er es so gestalten muss, dass Menschen es nutzen wollen. Er hat die große Vision, aus Facebook eine Kommunikationsplattform zu machen und nicht nur ein Social Network. Er sagte, er wolle Facebook zum Äquivalent des Einwahltons für das Internet machen, und das ist auch der Grund, warum er Whatsapp für 19 Mrd. US-Dollar gekauft hat. Das ist auch der Grund für den Kauf von Occulus Rift. Er versucht damit, das „Wesen“ von Facebook zu ändern, nämlich die Beziehung zwischen Facebook und seinen Usern.
Facebook wird nicht das „Social Network“ per se bleiben, sondern eher eine Art Hub im sozialen Ecosystem werden, das weiterhin genutzt wird. Facebooks größtes Wachstumspotenzial liegt in der älteren Bevölkerung, weniger in der jungen. Versteht man jedoch das Verhalten und die Präferenzen der jüngeren Generation, dann lassen sich daraus Rückschlüsse ziehen, welches „hippe“ Unternehmen man kaufen oder was für ein Produkt man herstellen soll. Der Zukauf dieser Unternehmen dient nicht nur der Gewinnung der Nutzerschaft, sondern beruht auch auf dem Verständnis der Beziehungsdynamik.
Adzine: Herr Solis, vielen Dank für das Gespräch.
Video-Tipp: Brian Solis auf der TNW Web Conference in Amsterdam.
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